Arche Warder
Wir waren zu Besuch in der Arche Warder, Europas größtem Tier- und Landschaftspark für seltene und vom Aussterben bedrohte Haus- und Nutztierrassen. Auf einer Fläche von 40 Hektar beheimatet die Arche rund 1200 Tiere 80 unterschiedlicher Rassen. Es sind Schafe, Schweine, Pferde, Ziegen, Esel, Hühner und Rinder, die früher in verschiedenen Regionen Europas verbreitet waren, die aber ihre Bedeutung als Nutztiere weitestgehend verloren haben und in ihrem Bestand gefährdet sind.
Viele der Tiere, die in der Arche ein Zuhause gefunden haben und hier auch gezüchtet werden, stehen auf der „Roten Liste der bedrohten Nutztierrassen“. Einzelne Spezies zählen weltweit nur noch wenige hundert Tiere, womit sie seltener geworden sind als beispielsweise der Sibirische Tiger. 2018 wurde die im Naturpark Westensee gelegene Arche als offizielles Projekt der UN-Dekade für biologische Vielfalt ausgezeichnet.
Die Landschaft ist angepasst an die natürlichen Bedürfnisse der Tiere. So durchziehen den Natur- und Landschaftspark Weiden und Feuchtwiesen. Er ist geprägt von einem Bachlauf für Enten und Gänse, von einem vielfältigen Baumbestand und diversen Knicks, die sich durch die Landschaft schlängeln. Eine weitere Besonderheit ist der acht Hektar große naturgeschützte Trockenrasen, den Esel und Pferde bewohnen und auf dem seltene Pflanzen wie Gewöhnliches Silbergras, Berg-Sandglöckchen und Kahler Bauernsenf gedeihen und auf dem Wildtiere wie Weinbergschnecken und Insekten einen Lebensraum finden. Von der Vielfalt, den Tieren, der Arbeit des Tierparks und dem Gelände waren wir beeindruckt. Wir haben kurze Portraits einzelner Tiere zusammengestellt.
Poitou-Esel
Poitou-Esel sind nicht die größten, aber die schwersten Esel der Welt. Ein Hengst kann bis zu 450 Kilogramm wiegen und mit einer Widerristhöhe von bis zu 1,50 Metern Pferdegröße erreichen. Die Tiere, die ursprünglich aus der Region um die Stadt Poitiers im Westen Frankreichs stammen, dienten in erster Linie der Zucht von Maultieren. Maultiere sind unfruchtbare Nachkommen einer Pferdestute und eines Eselhengstes. Die Poitou-Hengste waren groß genug, um sie mit großen Kaltblutstuten anpaaren zu können. Die Tiere, deren filzigen Zotteln typisch für ihr Erscheinungsbild sind, sind in ihrem Bestand stark gefährdet.
Mangalitza-Schweine
In der Arche leben drei Arten der Mangalitzas, das Blonde Mangalitza Wollschwein, das Schwalbenbäuchige Mangalitza und das Rote Mangalitza Wollschwein. Diese Drei sind die letzten Überlebenden ihrer Art, die vierte Gattung, das Schwarze Mangalitza, ist seit 1970 ausgestorben. Auf der Skala, die von „nicht gefährdet” über „gefährdet”, „stark gefährdet” bis „extrem gefährdet” reicht, gelten die Mangalitzas als „gefährdet”. Eine Besonderheit dieser Tiere ist, dass sie wegen ihres dichten Fells immun gegen Kälte sind. Dafür sind sie im Sommer auf Wasserstellen angewiesen, in denen sie sich suhlen können (wie hier im Bild das Blonde Mangalitza).
Rote Mangalitza Wollschweine: Sie gibt es noch in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in einigen südosteuropäischen Ländern, dies aber nur in relativ kleinen Beständen. Die Tiere gelten als genügsam, haben ausgeprägte Mutterinstinkte und besitzen einen hohen Wühl- und Bewegungsdrang. Bei der Geburt haben die Ferkel, ähnlich der Wildschweine, ein gestreiftes Fell, das sich aber innerhalb kurzer Zeit in ein einheitlich rotes Fell verwandelt. (Diese Ferkel waren bei den Aufnahmen gut zweieinhalb Monate alt.)
Schafe und Ziegen in der Arche Warder
Der Europäische Mufflon, auch Muffelwild oder Muffel genannt, ist die westlichste und kleinste Unterart der Mufflons und gilt als eine verwilderte Form des Hausschafs. Europäische Mufflons bilden meist kleine Rudel mit einem älteren Schaf als Leittier. In der Brunftzeit kämpfen die Widder um die Schafe. Dabei rammen sie sich mit den Hörnern und versuchen, den Konkurrenten abzudrängen. Verbreitet waren Mufflons ursprünglich nur auf den Mittelmeerinseln Korsika und Sardinien. Inzwischen sind sie in vielen Gegenden Deutschlands beheimatet und gelten mit einem Bestand von mehreren Tausend Tieren derzeit nicht als gefährdet.
Anders hingegen die Bulgarische Schraubenhörnige Langhaarziege, deren Überleben gefährdet ist. Ursprünglich aus Bulgarien stammend, waren diese Ziegen ein beliebtes Dreinutzungstier für Wolle, Milch und Fleisch. Mit der Einkreuzung leistungsfähigerer Rassen wie der Saanen- oder Edelziege verloren die Tiere aber zunehmend an Bedeutung. Augenfällig ist neben der besonderen Form der Hörner auch das Haarkleid der Schraubenhörnigen Landhaarziegen, das bis zu den Sprunggelänken reicht. Zudem kann die Fellfarbe der einzelnen Tiere sehr unterschiedlich ausfallen. Möglich sind Töne von gänzlich Schwarz über Braun, Grauweiß bis hin zu einer Mixtur aus all diesen Farben.
Die folgenden vier Portraits zeigen Jungtiere verschiedener Ziegen- und Schafrassen. Der Nachwuchs war zum Zeitpunkt der Aufnahmen wenige Wochen alt.
Westafrikanische Zwergziegen (nicht gefährdet) kommen in 15 Ländern Afrikas vor. Mit einer Schulterhöhe von 50 Zentimetern und einem Gewicht von nur 25 Kilo sind selbst ausgewachsene Tiere sehr klein.
Der kleine Wuchs der Westafrikanischen Zwergziege ist eine Anpassung an das feuchte und heiße Klima in West- und Zentralafrika. Die „Verzwergung“ der Tiere sorgt für eine bessere Thermoregulierung.
Junge Skudden (gefährdet): Im 19. Jahrhundert war diese Rasse bei Kleinbauern und Tagelöhnern weit verbreitet. Auch auf mageren Flächen großer Güter kamen die Skudden vor. Das Aufkommen großer Leistungsschafrassen verdrängte die Skudden.
Junge Girgentana-Ziegen (extrem gefährdet): Einst in Sizilien sehr beliebt, wurden die Girgentanas ab den 70er-Jahren zunehmend von Hochleistungsrassen verdrängt. Anfang der 80er Jahre stand ihre Rasse kurz vor dem Aussterben.
Soay-Schafe zählen zu den ältesten Schafrassen der Welt. Die Tiere, die von der schottischen Insel Soay stammen und Mufflons ähneln, sind sehr robust und können rauen Wetterlagen trotzen. Eine ihrer Besonderheiten ist: Sie scheren sich gewissermaßen selbst. Wenn sie im Sommer ihr Winterfell verlieren, streifen sie die Wolle an Bäumen und Zäunen ab. Man nimmt an, dass Soays bis zum Mittelalter in Europa verbreitet waren. Später wurden sie durch andere Schafrassen verdrängt. Nur auf der Insel Soay überlebten sie bis in die heutige Zeit.
Gänse, Hühner und ein Puter
Am Eingang der Arche erwartet einen der Bachlauf, an dem sich zahlreiche Arten Enten und Gänse tummeln. Aber auch im weiteren Verlauf begegnen einem immer wieder Geflügelrassen, viele von ihnen bewegen sich frei auf dem Gelände, darunter die Sundheimer Hühner. Beeindruckt hat uns neben den Gänsen und Hühnern auch ein Puter, der vielleicht nicht durch Schönheit glänzt (wobei das natürlich im Auge des Betrachters liegt), der aber ein besonderes Balzverhalten an den Tag legt. Er stellt, ähnlich eines Pfaus, sein Schwanz-Gefieder auf und trötet mit dem Schnabel. Dabei schnellt sein Kamm nach oben.
Diepholzer Gänse stammen ursprünglich aus Niedersachsen, wo sie vor rund 100 Jahren zum ersten Mal gezüchtet wurden. Da die Tiere sich einst mit Wildgänsen gepaart haben, gelten sie als robust. In ihrem Bestand sind sie aber stark gefährdet.
Ein Bronzeputer: Die ursprüngliche Heimat der Truthühner (kurz: Puten) ist Nord- und Mittelamerika, wo Indianer sie bereits 500 n. Chr. als Haustiere hielten. Um 1520 brachten spanische Seefahrer die ersten Puten mit nach Spanien, von wo aus sie sich rasch in alle europäischen Länder verbreiteten. Die Spezie der Bronzeputer ist stark gefährdet.
Sundheimer Hühner sind das älteste bekannte Zweinutzungshuhn und kommen aus dem badischen Raum. Die Tiere gelten als zutraulich und recht ruhig, da die Hähne verhalten und eher selten krähen. Wegen ihres Gewichts und der kurzen Flügel sind sie keine guten Flieger. Dafür sind sie intensive Futtersucher und bewegen sich gern und viel auf Wiesen und Grasausläufen. Die Tiere stehen unter Beobachtung (Vorwarnstufe für Gefährdung).
Short facts: Arche Warder
Die Arche Warder liegt im Ort Warder, das ist im Dreieck zwischen Rendsburg, Kiel und Neumünster. Der Tierpark ist täglich von 10 bis 20 Uhr geöffnet, im Herbst und Winter bis zum Einbruch der Dunkelheit. Weitere Information auf www.arche-warder.de
Einzelne Informationen zu den Tieren sind dieser Seite entnommen.