Reportage

Kirschen aus dem Alten Land

Das Alte Land ist das größte zusammenliegende Obstanbaugebiet Deutschlands. Die Landschaft, die sich ins Urstromtal der Elbe schmiegt, fußt auf einem Marschboden, der Nährstoffe besonders gut speichern und Bäume wie Früchte bestens versorgen kann. Hier führt Obstbauer Cord Lefers einen mehr als 240 Jahre alten Familienbetrieb, den er 2017 auf biologische Landwirtschaft umgestellt hat. Wir haben ihm bei der Kirsch-Ernte über die Schulter geschaut.

Cord Lefers spannt die Netze aus, die die Kirschbäumeauf seine Obsthof vor dem Appetit der Vögel schützen sollen.
Kirsch-Ernte auf dem Obsthof Lefers: Cord, der den Familienbetrieb in achter Generation leitet, rollt die Netze aus, die gleich die Kirschbäume bedecken sollen.
Während der Ernte der Kirschen steht Cord Lefers inmitten vieler Kirschbäume. Mit einem großen Holzstab hat er gerade das Netz über die Bäume gezogen, um die Früchte gegen den Appetit der Vögel zu schützen.
Mit einem Holzstb hebt Cord Lefers das Netz über die Kirschbäume.
Cord Lefers vom Obsthof Lefers im Alten Land hebt das Netz in de Luft und zieht es nach und nach ober die Kirschbäume.
Die Aufnahme zeigt das weite Feld mit den Kirschbäumen aus der Lut. Wir haben Cord Lefers vom Obsthof Lefers einen Tag bei der Kirsch-Ernte begleitet. Hier hebt er mit seinen Mitarbeitern das Netz an, das er zum Schutz vor Vögeln über die Bäume spannt.

Netze zum Schutz der Kirschen

Es ist früh am Morgen, als wir Cord Lefers im Alten Land besuchen. Die Kirschzeit hat gerade begonnen, in diesem Jahr sind die ersten Früchte Ende Juni erntereif geworden, und Cord Lefers hat sich mit seinen Mitarbeitern am Feldrand versammelt, um ein gewaltiges Netz über das Feld zu ziehen. Auf 20 Metern Breite liegt eine schwarze Rolle am Wegesrand bereit, die Cord mit seinem Team abwickelt, mit langen Holzstäben in die Höhe bringt, um ein filigranes Maschenwerk Meter für Meter, Schritt für Schritt über den Baumwipfeln auszubreiten.

Rufe schallen über das Feld, höher, halt, stopp, weiter, ziiiieeeh, die Anspannung ist hoch, die Arbeit schweißtreibend, und dennoch vergeht kaum eine Stunde Zeit, bis zwei „Dächer“ von 260 Metern Länge gespannt sind, die das Obst vor dem Appetit der Vögel schützen sollen. Vier, maximal sechs Wochen werden die Bäume nun ihre prallen Früchte tragen und diese Ernte ist kostbar, das war sie schon immer, und das ist sie umso mehr geworden, seit Cord den Anbau auf biologische Landwirtschaft umgestellt hat.

Die Netze sind über den Kirschbäumen gespannt. Cord Lefers, der den Familienbetrieb 2017 auf biologische Landwirtschaft umgestellt hat, kommt mit dem Stück über der Schulter vom hinteren Teil des Feldes auf uns zu. Gleich probiert er eine Kirsche und testet, ob sie bereits reif für die Ernte ist.
Cord Lefers baut im Alten Land Bio-Kirschen an. Hier steht er auf dem Feld und prüft an einem Baum, ie reif die Kirschen bereits sind.
Nahaufnahme eines Kirsch-Zweiges.
Cord Lefers hat die Netze fertig gespannt. Der Holzstab, den er zum Ziehen der Netze benutzt hat, liegt im Gras. Er lächelt und verlässt das Feld, um auf dem Familienbetrieb, der diverse Sorten Obst anbaut, weiter zu arbeiten.
Mit Holzstöcken, die auf diesem Bild auf dem Boden liegen, haben Cord und seine Mitarbeiter soeben die Netze über den Kirschbäumeng gespannt.
Ein Vogelhaus aus Holz in einem Baum. Cord Lefers liegt der Artenschutz und die Artenvielfalt am Herzen, auch deshgalb hat er den Obsthof Lefers, den er in achter Generation führt, 2017 auf biologische Landwirtschaft umgestellt.
Eine Holzkiste zeigt den Schriftzug Lefers. Auf dem ObsthofLefers werden verschiedene Sorten Obst angebaut, darunter Kirschen, Öpfel und Zwetschgen.

Regional versus global

Dreieinhalb Jahre ist es her, dass Cord den Entschluss gefasst hat, den Hof als Bio-Obstbauer weiterzuführen. Die Konkurrenz war groß, der Preisdruck war es auch und das Ausbringen von Chemie war ihm, der den Familienbetrieb in achter Generation leitet, schon länger ein Dorn im Auge. So hat er vor fünf Jahren zum ersten Mal mit seinem Meister über die Schritte zur Umstellung nachgedacht. 2017 ist er sie dann gegangen und hat seitdem, wie er sagt, den Obstbau von der Pike auf neu lernen müssen.

Viele Ecken auf dem Hof erzählen davon, welch Urgestein er mit seiner gut 240 Jahre währenden Geschichte ist. In einem Regal stehen Weinfässer aus verwittertem Holz, unter einem Scheunendach hängen Pflückkörbe aus Bast, alte Sägen und Werkzeuge zieren die Klinkerfassaden und die Holzkisten, auf denen die Namen der jeweiligen Eigner eingebrannt sind, erinnern daran, dass sich bereits Cords Ur-Väter dem Obstbau verschrieben hatten. Hier, in Jork, dem Herzstück des Obstanbaus, von wo aus Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Kirschen, Beerenfrüchte, Mirabellen in weite Teile Deutschlands und die Welt gelangen.

Wobei der Handel schwerer geworden ist, seit der Markt global geworden ist. Früher, sagt Cord, zu Zeiten seines Großvaters und auch seines Vater, war „regional“ kein Trend, sondern gängig. Ein Apfel, eine Kirsche, sie waren heimisch, ohne großes Vertun. Heute hingegen hat Cord mit internationalem Wettbewerb und harten Preiskämpfen zu tun, auch wenn er diese Worte eigentlich nicht mag. Und dennoch, wer sich keine Nische sucht, sagt er, der habe schnell verloren. „Die Betriebe im Obstbau müssen wachsen oder eine Nische finden, um wirtschaftlich zu bleiben. Es gibt Obstbauern, die zum Wochenmarkt fahren, andere produzieren Apfelchips oder Cider, manche eröffnen Cafés. In der eigentlichen Obstproduktion ging es nur noch um höher, schneller, weiter, und das war nicht unser Weg.“

In einem Regal liegen viele Holzstäbe. Sie dienen zur Befestigung der Baumstämme, an denen die Bäume wachsen.
Holzkisten liegen wähernd er Ernte im Gras. Auf ihnen ist der Schriftzug des Obsthof Lefers zu lesen. Wir waren während der Kirsch-Ernte dabei und haben einige Aufnahmen am Rande gemacht.
Alte Fässer stehen in einem Regal. Wir haben sie fotografiert, weil sie für uns auch die Geschichte des Obsthof Lefers symbolisieren. Ihn gibt es bereits seit mehr als 240 Jahren im Alten Land. Obstbauer Cord Lefers führt ihn in achter Generation und hat den Hof auf biologische Landwirtschaft umgestellt.
Große Obstkisten stapeln sich in einer Scheune auf dem Obsthof Lefers im Alten Land.
In einer Kiste liegen Steine mit Wäscheklammern. Sie bringt Obstbauer Cord Lefers an den Seitenzweigen der Obstbäume an, damit sie in einer bestimmten Form wachsen.
Auf dem Obsthof Lefers im Alten Land stehen Stelzen an einer Klinkerfassade. Für uns ist es ein Symbolbild, das die Besonderheit und den Charme des Hofes zeigt, der seit 2017 seine Obstsorten, darunter die Kirschen, unter dem Demeter-Siegel verkauft.
Cord Lefers kommt mit einem Holzwagen über den Hof gefahren. Darin sind Utensilien, darunter ein Eimer, den er gleich für die Ernte seiner Kirschen braucht. Seit 2017 bewrtschaftet der Obstbauer den Hof Lefers im Alten Land biologisch und verkauft seine Kirschen und die anderen Obstsorten wie Äpfel und Zwetschgen unter dem Siegel von Demeter.

Bio-Kirschen aus dem Alten Land

Sein Weg also war Bio, und so tragen die Kirschen, die Cord in diesem Jahr von den Bäumen pflückt, zum ersten Mal das Demeter-Siegel. Zuerst hatten die Äpfel, Birnen und Zwetschgen im vergangenen Jahr die Umstellungs-Zeit hinter sich. Jetzt sind die Naprumis, Merchants, Vandas, Belises, Kordias und Reginas dran, und anders als die Äpfel etwa, die den Großteil seines Handels ausmachen, vertreibt Cord die Kirschen in erster Linie über den hofeigenen Laden.

Vier Prozent seines Gesamthandels machen diese Früchte aus. Die Zwetschgen, Birnen und einiges Beerenobst kommen auf sechs Prozent, das Gros waren und sind aber die Äpfel – und die treten von hier aus eine Reise in den bundesweiten Handel an, denn Altes Land bleibt Apfelland. Ein Dittel aller Apfelsorten, die der Deutsche verzehrt, stammen aus dieser Region. Aus einer Landschaft, die sich ins Urstromtal der Elbe schmiegt. Die auf einem Marschboden fußt, der Nährstoffe besonders gut speichern und Bäume wie Früchte bestens versorgen kann. Aus einer Region also, die aus all diesen Gründen zum größten zusammenliegenden Obstanbaugebiet Deutschlands geworden ist.

Handarbeit versus Zeit. Qualität versus Umsatz. Menge versus Verluste. Ein Drittel weniger Ertrag fährt Cord ein, seit er seine Früchte ohne chemische Mittel anbaut. Seit er wieder mit der Hacke durch die Reihen geht oder kooperierende Pflanzen am Füße der Bäume pflanzt, in denen Insekten siedeln, die gern Larven fressen und so das Obst vor dem Befall so genannter Schädlinge schützen. „All diese Tiere gehören dazu, da kann ich mich auf den Kopf stellen“, sagt Cord, und auch das, sagt er, war einer der Momente, in denen er den Obstbau neu verstanden habe.

Ob er etwas vermisse oder bereue? Cord schüttelt den Kopf. „Ich könnte ja jederzeit zurück“, sagt er. „Ich könnte von heute morgen wieder af synthetische Pflanzenschutzmittel anwenden und meine Waren konventionell vertreiben. Aber davon bin ich weit entfernt. Ich sehe die Dinge aus einem anderen Blickwinkel, und auch wenn es mehr Arbeit ist, komme ich zu einer inneren Ruhe. Ich akzeptiere, was mir die Natur an Aufgaben stellt und dass nicht alles perfekt sein muss, und das ist ein schönes Gefühl.“

Cord Lefers hat eine Leiter aufgestellt und ist hinaufgeklettert. um Kirschen vom Baum zu ernten.
Cord Lefers ist Obstbauer im Alten Land. Nachdem er am Morgen die Netze über den Kirsch-Bäumen gespannt hat, ist er nun mit einer Leiter auf einen Baum geklettert und pflückt seine Bio-Kirschen.
Cord klappt die Leiter aus und stellt sie neben den Baum. Gleich kletert er hinauf, um Kirschen vom Baum zu ernten.
Nahaufnahme des Holzwagens, den Cord für die Kirsch-Ernte benötigt.
Das Foto zeigt Cord Leferss neben dem Holzwagen und mit einem weit aufgefassten Hintergrund, der die Weite der Obstplantage verdeutlicht. Cord schüttet gerade die frisch geernteten Bio-Kirschen in eine Palette, die im Wageen steht.
Cord hat Kirschen gepflückt und füllt sie im Holzwagen aus einem Eimer in eine Holzpalette um. Seine Bio-Kirschen vertreibt er in erster Linie über den Hofladen des Obsthof Lefers im Alten Land.
Nahaufnamen der frisch geernteten Kirschen.
Die Ernte der Bio-Kirschen ist für heute beendet. Cord Lefers zieht den Wagen, in dem die frisch gepflückten Kirschen liegen, vom Feld. Zwischendruch hält er noch einmal an und steckt sich eine Kirsche vom Baum in den Mund.
Das Foto zeigt frische Kirschen und Erdbeeren im Hoflade des Obsthof Lefers im Alten Land.

Short facts: Obsthof Lefers

Der Familienbetrieb liegt im Herzen des Alten Landes, in der Gemeinde Jork, südwestlich von Hamburg. Auf einer Fläche von 10 000 Hektar baut Cord Lefers hier Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Beeren und Kirschen an. Einen Teil der Ernte vertreibt die Familie im hofeigenen Laden, den sie 2016 eröffnet hat.

Mit den Kirschen aus dem Alten Land …

haben wir unseren Streuselkuchen mit Kirschen gebacken. Oder steht euch der Sinn nach einem Kaiserschmarrn? Ihn lieben wir mit vielen Obstsorten, in diesem Rezept haben wir ihn mit heißen Kirschen kombiniert.